Die stressbedingte Verwringung des Körpers beginnt als Beckenverwringung (Bv),  breitet sich aber ohne Behandlung schnell aus auf eine Ganzkörperverwringung, die sich als komplexe dysfunktionale Bewegungskette über alle myofaszialen Leitbahnen nach Thomas Myers (Anatomy Trains) ausdehnt.

1.Die dabei beteiligten Leitbahnen sind insbesondere die

tiefe Frontallinie (Deep Front Line): Verbindet die Hüftbeuger, den Quadratus lumborum, das Zwerchfell, die Adduktoren und Strukturen in Beinen und Füßen.

Laterallinie (Lateral Line): Betroffen durch asymmetrische Spannung der Hüftanspreizer und der seitlichen Rumpfmuskulatur.

Spirallinie (Spiral Line): Sie integriert diagonale rotatorische Muster zwischen Becken, Rumpf und Beinen.

2. Ursprungsmuster und typische Verschiebungen

Die häufigste Form der Bv mit einer Hüftbeugerverspannung links und Hüftanspreizerverspannung rechts führt zu einer Rechtsdrehung des ganzen Körpers mit folgender Kette von funktionellen Veränderungen:

Becken- und Rumpfbereich:

•Beckenschaufeln:

•Links: anterior gekippt (nach vorne und unten) → Überaktivität der linken Hüftbeuger (M. iliopsoas).

•Rechts: posterior gekippt (nach hinten und unten) → Überaktivität des Quadratus lumborum und der Adduktoren.

•Funktionelle Beinlängenunterschiede: normalerweise erscheint dadurch das linke Bein länger, das rechte kürzer

•Rechtsdrheung des li.Beines führt zur Überpronation (Innenrotation) des Fusses mit Absenkung des 1. Mittelfußknochens.

•Rechtsdrehung des re. Beines führt zur  Supination (Außenrotation) des Fusses mit Anhebung des 1. Mittelfußknochens.

Thorax und Schultergürtel:

•Rippen und Schulterblätter:

•Rechtsdrehung des Rumpfes mit Dorsalisation der 12. Rippe re. und Ventralisation li.

•Linkes Schulterblatt kippt nach vorne, das rechte nach hinten.

•Schulterbeweglichkeit: asymmetrische, stress bedingte Einschränkung der Abspreizung, die sich wie auch der Tonus von Iliopsoas li., Adduktoren und Ischiocruralen re. durch Berührung des Nabels momentan und durch die Entlastung des ANS mit der Nabelintegration anhaltend entspannt.

Kopf- und Halsbereich:

•Die asymmetrische Spannung setzt sich nach oben fort:

•Der Kopf wird durch die Kette Hüft-Adduktoren- schräge Bauchmuskeln- Sternocleidomastoideus nachbrechts gedreht und links geneigt mit Linksposition des Atlas

•Ist der Atlas nach rechts verschoben, liegt dem eine Irritation einer der oberen Rippe rechts zugrunde

3. Therapieansatz: Auflösung der vegetativen Anspannung und faszialer Spannungsketten

Um die Verwringung zu behandeln, ist es entscheidend, zunächst die vegetativen und dann die faszialen Zusammenhänge zu berücksichtigen.
Nach Feststellen der Stressursachen mit dem Stresstest und Entlastung des ANS mit Nabel- und Narbenntegration und ggf. Auraentlastung werden die Schlüsselpunkte (key joints) entlang den myofaszialen Ketten entlastet.

Becken und unterer Rumpf:

1.Quadratus lumborum lösen (Schub vom Becken zum Thorax in Seitneigung des Rumpfes zur Behandlungsseite mit gleichzeitiger Entlastung der 12. Rippe ( zusätzlich ev. Dehnung oder Triggerpunkttherapie).

2.Hüftbeuger links entlasten (orthobionomische Techniken, Psoas-Release).

3.Adduktoren rechts ausbalancieren, um die seitliche Spannung zu reduzieren.

Thorax und obere Rippen:

4.12. Rippe rechts mobilisieren, um die Spannungskette in Verbindung mit dem Quadratus lumborum zu entlasten.

5.Schulterblattmobilisation: Aufhebung der Dysbalance durch Serratus anterior und Levator scapulae.

Halswirbelsäule und Kopf:

6.Atlas-Integration:

•Erst den vorderen Zug (Sternocleidomastoideus) und dann den hinteren Zug (Nackenstrecker) entlasten.

•Rippenblockaden (v. a. 2.–4. Rippe rechts) lösen, bevor die Atlasmobilisation erfolgt.

7.Kiefergelenksarbeit, da fasziale Spannungen oft bis zum Kopf und Kiefer weitergeleitet werden.

Bein- und Fußkorrekturen:

8.Sprungbein und Mittelfußknochen anpassen:

•Links: Absenkung des 1. Mittelfußknochens betonen

•Rechts: Supinationsspannung betonen

9.Unteres Sprunggelenk entlasten,

.Links:Betonung der anterior Stellung des Calcaneus

.Rechts: Betonung der Posteriorstellung des Calcaneus

10.Oberer Darmbeinstachel

Entlastung des Sartorius und Tensir fasciae latae durch Schub des gebeugten Oberschenkels in die Hüfte

11. Symphyse

Entlastung der Adduktoren

4. Praktische Umsetzung: Hausaufgaben und Selbstregulation

.Integrationstechniken

•Orthobionomische Übungen:

•Patienten lernen, die Bewegungsmuster bewusst zu verstärken, um die faszialen Spannungen gezielt aufzulösen.

•Ganzkörpertraining:

•Faszientraining (Rollen, Dehnen).

•Diagonale Bewegungsmuster (z. B. diagonales Armlifting in Kombination mit Beindrehung).

.Dehnungen

5. Fazit und Bedeutung für Therapeuten

Die Ganzkörperverwringung ist ein dynamisches Problem, das von lokalen Verspannungen bis hin zu globalen faszialen Dysbalancen reicht. Der Fokus liegt darauf, die Spannungsmuster entlang der myofaszialen Leitbahnen zu erkennen, die ursächliche Spannung zu lösen und den Patienten zu zeigen, wie sie durch regelmäßige Entspannungen die Regulationsfähigkeit ihres ANS erhalten bzw. schnell wiederherstellen sowie ihren Körper durch  gezielte Bewegungs- und Entlastungsübungen stabilisieren.